Die Stadttaubenhilfe

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Brieftauben

Sie galten als das Rennpferd des armen Mannes, denn dieser "Sport" hatte seine Blüte zur Zeit des Bergbaues in der Nachkriegszeit.
Deshalb gilt das Ruhrgebiet mit 1/3 der insgesamt rund 60.000 Taubenzüchter in Deutschland auch heute noch als Hochburg.

Brieftauben sind Nachkommen der Felsentauben, auch wenn ihr Äußeres inzwischen oft enorm vom ursprünglichen Farbschlag abweicht.
Gezüchtet werden sie auf Schnelligkeit und Ausdauer und nur die Besten unter ihnen dürfen ihre Gene als Zuchttier weiter vererben.
Die Tauben, die ihre abverlangten Leistungen nur bedingt oder gar nicht erbringen können, werden bestenfalls verkauft, meist aber landen sie als Mittagessen auf dem Tisch oder einfach nur im Mülleimer.
Die Züchter nennen dieses Ritual am Ende der alljährlichen Flugsaison schlichtweg
"Kopf-runter".

Die Leistungen, die den Brieftauben abverlangt werden, bestehen aus Fliegen und Siegen. Und das fordert allein in Deutschland jährlich mehrere Millionen Opfer.
Viele von ihnen werden von Greifvögeln geschlagen, oder kommen auf ihren halsbrecherischen Flügen erschöpft und am Ende ihrer Kräfte vom Weg ab, achten nicht mehr auf bedrohliche Hindernisse, und sterben so jämmerlich an Verletzungen, beispielsweise durch Anflug von Hochspannungsleitungen, oder durch Autos, denen sie in dem Zustand nicht mehr rechtzeitig ausweichen können.



Die Tauben, die vielleicht das fragliche Glück haben, sich einer Stadttaubenpopulation anschließen zu können, sind für den Rest ihres Lebens gleichgesetzt mit den "Ratten der Lüfte", und werden vielfach als Wildtiere bezeichnet, obwohl sie doch
heimatlose Haustiere sind.

Einst Siegertaube muß sie nun als Stadttaube Wind und Wetter trotzen, ohne behüteten Heimatschlag, und vor allem ohne Futter.
Ein grausamer Kampf ums Überleben hat für sie begonnen und viele von ihnen haben keine Chance, diesen zu gewinnen.
Nachkommen dieser Siegertauben sind dann ohne Ring und ohne Heimat nur noch verhasste Stadttauben, die in der heutigen Zivilisation kein Recht auf Leben haben.

Brieftauben können in der Regel über große Entfernungen zu ihren Heimatschlägen, ihren Familien zurückfinden, und so manches Taubenderby geht über eine Distanz von 1000 km.
Zu diesem Zweck werden verpaarte Tiere getrennt, und während einer der Partner im Schlag wartet, startet der andere - nach einem Abtransport im LKW zusammengepfercht mit 6000 anderen - zum halsbrecherischen Rennen, um schnellst-möglichst wieder bei seinem Partner einzutreffen.
Zur Steigerung der Geschwindigkeit wird über widerliche Methoden auch noch eine starke Eifersucht provoziert.
Oder die Züchter nutzen zum gleichen Zweck die Phase, wo die brütenden Eltern kurz vor oder nach dem Schlüpfen eine besonders starke Bindung zu ihren Babys haben.

Und weil dieses ganze Inferno dann auch noch als "Sport" bezeichnet wird, nennen sich die Initiatoren untereinander auch "Sportsfreunde", die häufig in ihren Schlägen ein Schild mit ihrem Sport-Motto aufgehängt haben, worauf nur 3 Worte zu lesen sind:

"Siegen oder Sterben"


Ja, genau das ist das Los der Brieftauben.


Text © 2004/2013 Iris Gurn und Eckart Schulze


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