Die Stadttaubenhilfe

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Zwangsernährung

Behandlung + Pflege

Die wenigsten Tauben essen in akuten Notsituationen selbständig, auch wenn sie es könnten. Sie haben dann nämlich manchmal schon resigniert. 
Deshalb muss man Tauben sehr oft zwangsfüttern, sobald man festgestellt hat, dass sie nichts zu sich nehmen. 
Diese Feststellung ist bei apathisch herumsitzenden Tauben sehr einfach, in anderen Fällen muss man häufige Gewichtskontrollen der Tauben und/oder des Futters und Wassers vornehmen, ob denn wirklich auch was in der Taube bleibt, oder mit dem Futter und Wasser nur rumgespielt wird. 

Was man einer stark geschwächten oder apathischen Taube dann für Futter einflößt, muss in vielen Fällen nach Verträglichkeit erprobt werden. 

So kann man einer lediglich "geschockten" Brieftaube ruhig versuchen, ein paar Körnchen einzugeben, während wir bei einer schwerverletzten oder total abgemagerten eine Art "Kostaufbau" vornehmen würden. 

Auch dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten, die man im Sinne eines Aufbaus im Verlauf von vielen Tagen nacheinander durchführen kann, oder aber auch als alternativen Versuch, wenn das erste nicht vertragen wird. Was sich dann darin zeigen würde, dass die Taube das Essen erbricht, oder aber vom Kropf aus nicht weitertransportiert. 
Letzteres muss man durch Abtasten des Kropfes beobachten, oder man kann durch all zu rasche Gewichtszunahme bei nur wenig Kot darauf rückschließen. 
Bei einer total ausgehungerten Taube kann es allerdings manchmal 6 Stunden oder noch länger dauern, bis der erste Kot erwartet werden kann. Hungernde Tauben erkennt man auch an kräftig dunkelgrünem dünnflüssigem Kot, sogenanntem Hungerkot.

Der Reihe nach empfehlen wir – nach 5 ml Wasser als Erstmaßnahme - zu Aufbau oder Erprobung: 

Amynin oder Volamin: 
Das sind nicht ganz billige Flaschen eines Gemisches mit Traubenzucker, Eiweiß, Salzen und Vitaminen, wobei man das Amynin außer per Schnabel bzw. Kropfsonde in akut lebensbedrohlichen Fällen auch ml-weise unter die Haut spritzen kann. (s. u.)
Sich so eine Flasche hinzustellen (Amynin bekommt man beim Tierarzt, Volamin in guten Futtermittel-Handlungen), lohnt sich aber eigentlich nur, wenn man öfter solche Tauben hat. 
Außer dem Preis ist auch eine nur recht kurze Haltbarkeit hinderlich.

Alternativ dazu kann man einfach Wasser mit 5 bis 10 % (Trauben-) Zucker geben. (5 bis 10 g Traubenzucker in 100 ml Wasser auflösen.) 
Als Erste-Hilfe-Maßnahme geht auch abgestandene Coca-Cola oder Limo (keine "light"-Getränke). 

Bei einigen Tierärzten, spätestens aber in jeder Tierklinik, bekommt man auch ganz speziell auf Tiere abgestimmte Infusionslösungen zur kompletten Ernährung.
Gedacht sind sie eigentlich zur Ernährung direkt ins Blut.
Da sie deshalb die Nahrung in bereits komplett "blutfertigen" Substanzen enthält, ist sie die sicherste, schonendste und wertvollste Ernährung, die auch nicht im Kropf stecken bleiben oder verklumpen kann, und so gut wie immer - bei Bedarf auch langfristig - vertragen wird und vollkommen ausreichend ist.
Nach langfristiger Verabreichung (mehrere Wochen) muss allerdings die Nahrungsumstellung in feste Nahrung sehr behutsam in vielen Aufbauschritten über viele Tage (bis Wochen) vorgenommen werden, da Magen und Darm dann erst wieder langsam lernen müssen, ordnungsgemäß zu funktionieren.
Von daher ist diese Ernährungsform in manchen Fällen zwar lebensrettend, sollte aber auch wirklich nur in solchen Fällen und nicht länger als unbedingt nötig angewandt werden.

[In speziellen Situationen kann es auch notwendig sein, ähnliche Lösungen (ohne Fett), sterile 5%-ige Traubenzucker-Lösungen oder Amynin unter die Haut zu spritzen.
Das macht man dann alle 6 Stunden in Mengen von 20 ml pro kg Körpergewicht. Bei einer 300g-Taube würde man also
6-stündlich rechts und links vom Brustbein je 3 ml spritzen.]

Welche Flüssigkeit auch immer durch den Schnabel gelangt, anfangen sollte man stets mit nur wenigen ml, vielleicht erstmal nur 2 ml, nach einer halben Stunde noch mal, dann vielleicht 5 ml usw., jeweils nach Verträglichkeit steigern. 
Wenngleich diese Mengen langfristig niemals reichen würden, tut man doch gut daran, nur langsam zu steigern. Solange tatsächlich nur winzige Mengen vertragen werden, muss man evtl. mal eine schlaflose Nacht hinnehmen, und alle halbe Stunde eine Kleinigkeit nachfüttern. 
Den kompletten Nährstoffbedarf deckt man letztlich nur mit Mengen in der Größenordnung von 100 bis über 200 ml pro Tag, je nach Flüssigkeit. (Berechnung s. u.)

Nächste Steigerungsstufe (oder Alternative) wäre Handaufzuchtfutter, am besten NutriBird-A19 high energy, Firma Versele-Laga. 
Außer im Internet ist es in Zoo- oder Tauben-Fachgeschäften erhältlich, oder kann dort kurzfristig bestellt werden. 
Auch kann man die Packungen gut einfrieren, und damit die Haltbarkeit weit über das angegebene Datum hinaus verlängern. 
Standard-Mischungsverhältnis ist 1 Gewichtsanteil Pulver auf 3 bis 4 Gewichtsanteile Wasser, schön gründlich am besten mit elektr. Quirl verrühren.

Alternativ und in Apotheken erhältlich wäre eine möglichst hochkalorische Sonden- oder Flüssigkost. Solche Päckchen gibt es schon zu 200 ml, oder als Flasche mit 500 ml, z. B. Survimed, Nutricomp, Fresubin o. ä. 

All diese Flüssigkost sollte man mit einer 1-ml-Spritze verabreichen, die man tief genug an der Luftröhre vorbei in den Schlund vorschieben kann, und damit ein Verschlucken verhindert.
(Siehe auch Behandlung + Pflege > Fütterungstechnik.) 
Genauso ist dies aber auch per Kropfsonde möglich. 
(Siehe auch Behandlung + Pflege > Kropfsonde (Technik).) 

Auch bei guter Verträglichkeit empfehlen wir, letztlich pro Mahlzeit nicht mehr als 20 bis 30 ml zu geben. 

Nächste Aufbaustufe wäre ein spezielles Aufzuchtfutter für Jungtauben, das es derzeit ausschließlich bei der Firma Sollfrank gibt. 
Das sind Pellets, die man eigentlich auflösen soll. Davon raten wir allerdings ab. Wir geben die Pellets immer trocken, und zwischendurch reichlich Wasser separat per Spritze dazu. 

Alternativ möglich sind mehrere Stunden lang eingeweichte Weizenkörner. 
Auch Reis kann man versuchen, ist leicht verdaulich, verklebt aber leicht. 

Besser noch ungesalzene/ungeröstete Erdnüsse (bekommt man in Futterhandlungen).
Weil sie nicht quellen müssen, wird insgesamt weniger Wasser benötigt.
Erdnüsse sind für die meisten Tauben sehr bekömmlich, in der Zusammensetzung der Kropfmilch sehr ähnlich (daher auch als Päppel-Futter für Jungtauben ideal), und auch langfristig (genau wie Weizen) als Alleinfutter möglich. 
Durch den hohen Nährwert ersetzen 6 g Erdnüsse 10 g Körnchen. 
Falls man komplette Nüsse kauft, braucht nur die äußere Schale entfernt werden. Die innere braune Haut kann dran bleiben.
Erdnüsse sollte man generell unzerkleinert als halbe (je nach Größe sogar als ganze) Nüsse verfüttern.
Das hat nicht nur den Vorteil einer schnelleren Fütterung, sondern insb. kann man die Nüsse so sehr gut im Kropf tasten und damit die Verdauung kontrollieren.
Und sollte aus speziellen Gründen mal eine Kropfspülung erforderlich sein, ist das mit unzerkleinerten Nüssen einfacher und v. a. gefahrloser.

Halter von Papageien kennen das Problem des Schimmels beim Körnerfutter, bevorzugt aber bei Erdnüssen.
Aus Vorsicht werden letztere dort deshalb bisweilen sogar komplett vom Speiseplan gestrichen.
Auch bei Tauben ist Schimmel nicht ungefährlich, weswegen auf einwandfreie Ware und kühle Lagerung (nach Packungs-Anbruch am besten im Kühlschrank) zu achten ist.
Weil Schimmel oft nicht sichtbar ist, sind komplette Nüsse (die noch geknackt werden müssen) problematisch. Geröstete Erdnüsse dagegen könnten diesbezüglich vorteilhafter sein, sind aber für die einzelnen Altersstufen vorläufig noch in Fütterungs-Erprobung.
Ob man bei aflatoxinfreien Erdnüssen (z. B. von Firma Spinne) Vorteile hat, oder durch dafür angewandte Giftstoffe wieder andere Risiken entstehen, wird im Forum derzeit gerade diskutiert.

[Schimmel kann eingeatmet zu Lungenentzündungen, deren Stoffwechselprodukte (Aflatoxine als Sonderform der Mykotoxine) zu Krebserkrankungen führen.]


Trotz dieser Einschränkungen sind Erdnüsse das wertvollste Futter, leicht verdaulich, und schon ab 5. Lebenstag langsam steigernd als Kropfmilchersatz ideal.

Ziel ist letztlich eine artgerechte Taubenfuttermischung mit Weizen, Mais, Erbsen, Hafer, Hirse, Reis, Sojaschrot, Gerste, Ackerbohnen, Dari, Wicken, Rapssaat, Leinsaat, Sonnenblumenkernen, Sorgum, Hanfsamen usw., die man fertig gemischt im Futter-Laden bekommt. 
Langfristig sollte man "Allzeit-Futter" verwenden, und nicht etwa Leistungs-Futter.
Zusätzlich kann man eine Waldvogel-Körner-Mischung anbieten, die manche (evtl. invalide) Tauben, auch Wildtauben, bevorzugen. 
Als besonderes Leckerli ist Hanfsamen der Renner.

Insgesamt brauchen Tauben normalerweise täglich 30 g Körnchen, Jungtauben 40 g. 
Dabei muss man bedenken, dass der Weizen eingeweicht um ca. 40 bis 50 % schwerer wird, die Zahlen sich aber auf trockene Körner beziehen.
An Wasser wird mindestens 5 bis 8 % des Körpergewichts benötigt. Meist trinken sie sehr viel mehr, weswegen wir in der Regel auch mehr (ca. 50 ml) verabreichen. 
Bei Flüssigkost muß man je nach Zusammensetzung die erforderliche Menge berechnen.
Täglich werden ca. 100 bis 150 Kcal benötigt. 

Zusätzlich brauchen Tauben Grit (speziell für Tauben aus der Futterhandlung) zur mechanischen Zerkleinerungshilfe im Muskel-Magen.
Und ratsam ist ein Gemisch aus Mineralstoffen, Vitaminen und Spurenelementen.
Wir empfehlen als preisgünstige Variante dazu "Brockmanns Zwergmarke".
Normal zur freien Aufnahme im separaten Schälchen angeboten, füllen wir zur Zwangsernährung damit Leerkapseln Gr. 2 (aus der Apotheke) und verabreichen davon täglich 1 bis 2 Kapseln.

Das sind natürlich alles nur grobe Anhaltswerte. 
Je nach körperlicher Anstrengung, Erkrankung und klimatischen Verhältnissen gibt es starke Abweichungen. 
Auch ist jede Taube ein Individuum und verhält sich anders. 
(Beispiel: 
Es gibt Tauben, die haben die sonst besonders gut verträglichen Erdnüsse noch nach 3 Tagen im Kropf.) 

In jedem Fall sind ständige Gewichtskontrollen, mindestens 1 x täglich (am besten morgens nüchtern), sowie Beobachtung von Kropf und Kot wichtig! 
Wir nennen das KKGK (= Kot-Kropf-Gewichts-Kontrolle).
Zur Gewichtskontrolle eignen sich insbes. Digital-Küchenwaagen. 
Je nach Kooperation ist ggf. das Wiegen in einem Karton erforderlich, evtl. die Taube sogar komplett in ein Tuch eingewickelt. 
(Siehe auch Behandlung + Pflege > Taube wiegen.)

Das Wiegen ersetzt nicht die Kropf-Entleerungs-Kontrollen, kann diese lediglich ergänzen.
Wie anfangs schon erwähnt, deutet eine all zu rasche Gewichts-Steigerung auf eine Kropf-Verstopfung, die sehr gefürchtet ist.
(Siehe auch Behandlung + Pflege > Der Kropf > Kropfverstopfung)
Bei Baby-Tauben ist in den ersten 3 Wochen eine tägliche Gewichtszunahme von ca. 20 g normal.

Langfristig wird der Ernährungszustand am Brustbein beurteilt.
(Siehe dazu Behandlung + Pflege > Ernährungszustand.)


Text © 2004/2014 Iris Gurn und Eckart Schulze

 
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